Lasst uns die Welt schön färben! Mit Blut!

von Georg Kasch

Heidelberg, 26. April 2014. Die Hölle ist ein Fünf-Sterne-Hotel, mit Lobby, Bar und einem greisenhaften Boy, der wirkt, als sei er einer Herbert-Fritsch-Inszenierung entsprungen. In dieser Unterwelt der Zukunft treffen mythische Figuren (Fuchs, Bär und Adler, allesamt geschändet) auf zombiehafte Menschen, fremdgesteuert von höheren Interessen. Im Zentrum ein geleckter Ober-Manager, der jenes böse Unternehmen leitet, an das dumme, überforderte Politiker einst die Kupfervorkommen unter der Stadt verscherbelten. Und eine Unterschichtstussi am Call-Center-Telefon, die sich zuerst von ihm kaufen lässt und ihn dann Mores lehrt.

ViirusTheater Hhlentiere1 700 cata portin uAlle Formen des Volkstheaters: "Höhlentiere" von Lauri Maijala © Cata PortinBrecht trifft "Jedermann" in Lauri Maijalas "Höhlentiere", in dem den Menschen ordentlich das Fell über die Ohren gezogen wird, und zwar vom Kapitalismus und seinen Schergen. Die natürlich wiederum nur Marionetten sind. Schaut, da kommen wir hin, wenn wir nicht aufpassen!, ruft Maijala. Damit wir die bittere Wahrheitspille schlucken, jagt er als Regisseur seinen "Empört euch!"-Ruf durch so ziemlich alle Formen des Volkstheaters: Typenkabarett, Soap und Performance-Parodie münden im großen Musical-Finale, wo die Elenden den ballernden Aufstand proben: "Mit Blut färben wir die Welt schön!"

Perücken und Posen

Düster dräut die Tonspur, wild rotieren die Scheinwerfer. Die acht Schauspieler in doppelt so vielen Rollen drücken hier ebenso auf die Deutlichkeits-Tube wie ihr Autorregisseur, wechseln Perücken, Posen, Sprachen. Meist reden sie die der größten Minderheit in Finnland: Schwedisch. Eine schöne Geste, in Heidelberg auch an ihr Theater zu denken. Allerdings keine abendfüllende. Ändere die Welt, sie braucht es? So eher nicht.

 

Höhlentiere – Där vi en gång flått
von Lauri Maijala
Regie: C, Musik: Ylermi Rajamaa, Ausstattung: Janne Vasama.
Mit: Maria Ahlroth, Pelle Heikkilä, Oskar Pöysti, Jessica Raita, Viktor Idman, Robert Kock, Peter Kanerva, Celia Hakala.
Dauer: 2 Stunden, keine Pause

Teater Viirus und Teater 90° Helsinki

 

Zu den Essays über die finnische Theaterlandschaft von Matti Linnavuori und Friederike Felbeck

 

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